Gartenplanung vom Kirchplatz und Pfarrgarten in Rietberg-Neuenkirchen
Für den Kirchplatz und den Pfarrgarten entwickelte das Architektenbüro Junker und Kruse ein integriertes Handlungskonzept, auf dessen Grundlange städtebauähnliche und landschaftsplanerische Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Freiraumplanung Wolf übernahm die Gartenplanung. Das Ziel ist dabei die Steigerung der Attraktivität des Ortes.
Erreicht werden soll das Ziel durch die Weiterentwicklung vorhandener Flächen und Gebäudeensembles, die die Weitervernetzung der Fuß- und Radwege sowie die ökologische Verbesserung des Dorfgrabens Neuenkirchen mit sich bringen.
Der Ort des geplanten Umbaus befindet sich im Zentrum von Neuenkirchen. Zwischen der Gütersloher-, Ringstraße und Lange Straße gibt es mehrere Grundstücke, die verschiedenen Nutzungsänderungen unterliegen und damit Teil des Projektes werden.
Überblick über das Gesamtkonzept der Gartenplanung
Das zu bearbeitende Gebiet soll zu einer Grünanlage mit parkähnlichem Charakter umgestaltet werden. Der dazugehörige Dorfgraben, der bisher sehr geradlinig verbaut ist, soll dabei natürlicher und naturnaher aussehen. Für ein stimmiges Bild wird er umverlegt.
Das alte Kolpinghaus wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Auch das Pfarrhaus erhält eine neue Nutzung und wird zum Pfarrheim. Gemeinsam werden die Gebäude den zukünftigen Mittelpunkt der öffentlichen Grünanlage bilden.
Durch den Umbau und die Umfunktionierung wird die Fläche des ehemaligen Pfarrhauses zum aktiven Teil des Gesamtkonzeptes. Die Fläche rund um das ehemalige Küsterhaus wird ebenfalls genutzt, da das Gebäude abgerissen wird. Die nutzbare Grünfläche wird dadurch deutlich vergrößert und ermöglicht neue Wergverbindungen, die gestalterisch geplant und umgesetzt werden können.
Da sich rund um die Fläche bereits zahlreiche Gehwege befinden, ist ein Wegenetz geplant, das an die umgebenden Gehwege angebunden wird. Die Führung soll dabei geschwungen sein und sich gut in den Gesamtanlage einfügen. Dadurch soll sowohl die Vegetation als auch der Dorfgraben für die Spazierenden erlebbar werden. Die Wege weisen eine Breite von 2,50 Metern auf und entsprechen damit der üblichen Regelbreite. Sie sind sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer nutzbar.
Im Fokus der Planung steht der bereits nutzbare Bestand der Vegetation. Das Gebiet weist zum Teil einen differenzierten und wertvollen Gehölzbestand auf. Dadurch werden lediglich lockere Baumpflanzungen sowie Pflanzungen als Abschirmung zu den Straßen und Gebäuden geplant. Die Rasenflächen bleiben offen und können zum Liegen, Spielen und Verweilen genutzt werden.
Da sich das Bearbeitungsgebiet auf eine große Fläche erstreckt, werden die Planung und der Bau in zwei Abschnitte eingeteilt. Dennoch ist das Ziel, die Maßnahmen in einem Zug zu realisieren.
Der erste Bereich der geplanten Landschaftsarchitektur: der „Pfarrgarten“
Zwischen der örtlichen Kirche und dem Kolpinghaus befindet sich eine große Rasenfläche. Der dort gelegene Dorfgraben grenzt an die benachbarten Flächen der Volksbank und des Kolpinghauses. Zurzeit ist nur ein Durchweg vom Kolpinghaus zur Kirche vorhanden.
Daher soll eine Wegeverbindung geschaffen werden. Ein Teil des Pfarrgartens soll als öffentliche Wegeverbindung direkt am Dorfgraben neu hergestellt werden. Dadurch entsteht die Anbindung des „Stadtler Garten“ über den Ehrenpalplatz zum Pfarrgarten. Vom Pfarrgarten aus können Spazierende nun von der Anbindung bis zur Marienstraße über die Ringstraße bis hin zum Wäldchen „Kaups Busch“ profitieren, wo sich das neue Caritas-Grundstück befindet.
Auf der bisherigen Pfarrgartenfläche befindet sich eine Aufschüttung mit Bewuchs. Im Zuge der Gartenplanung soll diese entfernt werden, damit die Kirche vom Kolpinghaus für die Spazierenden sichtbar wird. Der Verlauf des Dorfgrabens wird verlegt, damit die neue Wegeverbindung entlang des Grabens mit Brückenbauwerken zur Querung hergestellt werden kann. Was dort bleibt, ist eine multifunktionale Rasenfläche, die zum Verweilen einlädt.
Neben der Verlegung des Grabens ist das Ziel zudem, dass er ausgeweitet wird. Dadurch entsteht eine größere Rückhaltefläche für eine erhöhte Niederschlagsmenge. Durch weitere gestalterische Maßnahmen wird das Wasser des Grabens erlebbar gemacht. Dies geschieht unter anderem durch die Entfernung der Betoneinfassung, die einen wenig ansprechenden Eindruck machte.
Die Architekten haben sich für die Ufergestaltung verschiedene Regeldetails überlegt. So soll es zum Teil eine beidseitige Rasenböschung geben, wodurch das Grabenprofil aufgeweitet und abgeflacht ist. Die Uferböschungen sollen vollumfänglich begrünt werden.
Für ein natürliches Ambiente soll es ein- oder beidseitige Einfassungen mit Natursteinen geben. Diese befinden sich an Engstellen zu Gebäuden und Wegen. Sie führen zur Abstufung und enthalten gegebenenfalls Pflanzstreifen.
In die Böschung des Dorfgrabens integrieren die Architekten eine Stufenanlage. Die Besucher:innen werden direkt an das Wasser des Grabens geführt und können dieses aktiv erleben.
An drei Stellen gibt es zudem Überführungen anhand von Brückenbauwerken. Dadurch können die Besucher:innen den Graben überwinden und ihren Weg über das umfangreiche Gelände fortsetzen.
Der zweite Bereich der Gartenplanung: „Kirchplatz“
Bevor das Projekt geplant und umgesetzt wurde, war der Kirchplatz im Zentrum von Neuenkirchen wenig einladend. Große prachtvolle Linden mussten krankheitsbedingt gefällt werden, wodurch vor allem der Baumbestand leidet. Vor einigen Jahren wurden Zierkirschen an der Kirchenmauer gepflanzt. Diese sind mittlerweile jedoch abgängig und die Kirchmauer restaurationsbedürftig.
Die in den 1970er Jahren verlegten Plattenbeläge waren uneben, gebrochen und dadurch vor allem nicht barrierefrei. Auch die an den Wegen stehenden Ausstattungsgegenstände wie Bänke oder Pflanzflächeneinfassungen aus Beton waren marode und unansehnlich. Die veralteten Entwässerungseinrichtungen konnten sich nicht mehr an die witterungsbedingten Änderungen anpassen, sodass große Wasserflächen entstehen.
Um die Landschaftsarchitektur und die Natur in ein stimmiges Gesamtbild einzufügen, ist das Ziel der Planung, das alte Erscheinungsbild des Kirchplatzes wiederherzustellen und dem Platz wieder eine Aufenthaltsqualität zu geben. Dafür sollen die Kirschbäume wieder entfernt werden.
Historische Aufnahmen zeigen das damalige Bepflanzungskonzept, das wieder hergestellt werden soll. Dadurch werden die noch vorhandenen wenigen Linden durch weitere Linden ab der Kirchenmauer ersetzt. Einige Pflanzflächen sollen eine Aufkantung erhalten, die gleichzeitig als Sitzgelegenheit für Besucher:innen dienen soll.
Die Fläche des nun entfernten Baumbestandes soll entsiegelt und multifunktional genutzt werden. Andere befestigte Flächen erhalten im Zuge der Gestaltung einen neuen Belag mit neuen Entwässerungseinrichtungen, damit die Wege sicher entwässert werden und keine Schadstellen darstellen.
Einige Elemente sollen im Zuge der Umbauarbeiten jedoch erhalten bleiben. Die vorhandene Zufahrt zu den Pkw-Stellplätzen von der Ringstraße ist eines davon.
An der Langen Straße befindet sich ein altes Bestandsgebäude direkt am Kirchplatz und am Kindergarten. Dieses soll abgerissen werden, wodurch sich die Fläche des Kirchplatzes deutlich vergrößert.
Das Entfernen nicht benötigter Gebäude führt dazu, dass die Architekten die Kirche in den Mittelpunkt rücken, sodass der Dorfkern besser zur Geltung kommt. In diesem Bereich wird auch die Kirchenmauer erneuert und verlängert.
Ein Teil der neu entstandenen Fläche soll für Kurzzeit-Stellplätze genutzt werden, die vor allem für das Bringen und Abholen der Kindergartenkinder gebraucht werden. Die Zufahrt dafür bleibt erhalten und wird lediglich um die neuen Stellplätze ergänzt.
Gartenplanung in Bezug auf Denkmalpflege und Denkmalschutz
Die Denkmalschutzbehörde in Münster war bei der Planung und Gestaltung des Kirchplatzes stets involviert. Im Fokus lagen die Instandhaltung und der Umgebungsschutz des Kirchendenkmals in Bezug auf eine behutsame Gestaltung der Außenanlagen. Freiraumplanung Wolf hat die historischen Unterlagen der Kirche und der Umgebung gesichtet und die denkmalpflegerischen Belange und die neue Funktionalität des neuen Kirchplatzes versucht, in Einklang zu bringen.
Wann ein Gebäude oder ein Ort als Denkmal gilt, erfolgt in Abstimmung mit einer Konformitätsprüfungsstelle. Der Kirchplatz hat unter anderem geschichtliche und künstlerische Bedeutung und besitzt damit einen Denkmalwert. Der Denkmalwert wird mit einem Gutachten belegt.
Für die Planung und Umsetzung der Außenanlagen mussten dementsprechend zahlreiche Regelungen eingehalten werden. In erster Linie wird ein denkmalpflegerisches Gutachten gebraucht. Die vollständigen denkmalpflegerischen Faktoren müssen nach Arbeitsblatt 14 der Vereinigung der Landesdenkmalpflegeren Deutschlands dokumentiert werden. Die darin enthaltenen Bereiche müssen beschrieben und fotografiert werden.
Für Veränderungen muss zunächst ein Maßnahmenkonzept entwickelt werden, auch die denkmalpflegerischen Aspekte sind dabei zu beachten. Zusätzlich werden die Auflagen, die an den Ort des Denkmals gegeben werden, aufgelistet. Jegliche Umsetzungen, vor allem Modernisierungen, müssen dokumentiert und protokolliert werden.
Alle Involvierten weisen vor Beginn des Um- und Neubaus Qualifikationen nach. Besonders die involvierten Planer und Architekten müssen zu jeder Änderung eine Stellungnahme verfassen und das umgesetzte Gestaltungskonzept darstellen.
Der Denkmalbegriff ist vor allem dazu da, dass historische und bedeutende Elemente Teil der Kultur bleiben und auch für zukünftige Generationen erfahrbar gemacht werden. Dabei muss ein Denkmal nicht unbedingt aus einem Gebäude bestehen. Auch Gärten, Außenanlagen oder einzelne Gegenstände können unter Denkmalschutz gesetzt werden, wenn die nötigen Auflagen erfüllt werden.
Ein Denkmal muss nicht zwangsläufig alt oder in den Augen vieler als „schön“ gelten, um als Denkmal deklariert zu werden. Es geht viel mehr um den Denkmalwert, der sich aus dem zeitlichen Kontext und der Erhaltung der Kultur von damals und heute zusammensetzt. Besonders wichtig ist für ein Denkmal auch, dass möglichst viel der originalen Substanz vorhanden ist. Daher wird bei Umbaumaßnahmen streng auf die Veränderungen gesehen.
Archäologie in der Landschaftsarchitektur
Im Umfang der Baumaßnahmen in Rietberg-Neuenkirchen kam es zu Verzögerungen, weil bei Ausgrabungen am Kirchplatz sterbliche Überreste vorgefunden wurden. Die Baumaßnahmen wurden zu Beginn bereits von Archäolog:innen begleitet.
In Abstimmung mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe barg eine Fachfirma zahlreiche Knochen. Die Gebeine, die im Zuge der Umgestaltung entfernt wurden, wurden mit Absprache der katholischen Kirchengemeinde beigesetzt.
Dass in Kirchennähe ein Fund wie dieser stattfindet, ist besonders aus historischer Sicht keine Seltenheit. In der Vergangenheit wurden Verstorbene nah am Gotteshaus beerdigt. Da bei den Funden jedoch keine Beigaben vorzufinden waren, konnten diese nicht datiert werden. Die abgetragene Erde, die für den Umbau nötig war, ließ jedoch auf jüngere Bestattungen schließen.
Die St. Margareta Kirche, zu der der Kirchplatz mit den umfassenden Umbauten gehört, wurde erstmalig im Jahr 1257 erwähnt, sodass die Geschichte weit zurück reicht. Für die Umbauarbeiten musste jedoch nur ein Teil der Erdschicht entfernt werden, sodass tiefer liegende Gebeine zurückgelassen wurden.
Die Arbeit mit und an denkmalgeschützten Orten ist mit zahlreichen Planungsschritten verbunden. Historische Funde sind dabei keine Seltenheit, sodass verschiedene Instanzen kooperieren müssen. Die Arbeiten am Kirchplatz konnten erst dann fortgesetzt werden, als die Gebeine sichergestellt waren. Sollte es zu weiteren Funden kommen, sind die Architekten eng mit den Archäologen in Kontakt.
Warum werden denkmalgeschützte Orte neugestaltet und umgebaut?
Im Zuge des Planungs- und Gestaltungsprojekts vom Kirchplatz und Pfarrgarten in Rietberg-Neuenkirchen arbeiteten zahlreiche Personen und Firmen in Kooperation. Das Ziel des Projektes war nicht die Modernisierung und Erneuerung alter Elemente, sondern eine möglichst überzeugende Kopie zu erschaffen, die sich an den damaligen Verhältnissen orientiert.
Hierfür haben die Experten von Freiraumplanung Wolf historische Daten in Archiven gesichtet und das Konzept an diese angepasst. Vor allem die Landschaftsarchitektur in Verbindung zu den damaligen großen und prachtvollen Linden sollte wiedererschaffen werden. Zudem sollte die Attraktivität des Ortes erhöht werden. Besucher:innen bekommen die Chance, das Wasser des Dorfgrabens zu erleben und werden zum Verweilen und Spielen auf der Wiese eingeladen.
Eine Erneuerung und Neugestaltung einzelner Elemente ist nötig, damit die teils alten denkmalgeschützten Orte und Gebäude erhalten werden können. Kultur ist auch im 21. Jahrhundert noch hochrelevant und wird gerne besucht. Damit möglichst viele Besucher:innen davon profitieren können und das Stadtbild verschönert wird, werden die örtlichen Gegebenheiten an das Besuchs- und Interessenaufkommen angepasst.